Der Krieg in der Ukraine beschert uns allen fürchterliche Bilder und Geschichten. Wir sind geschockt, verunsichert, voller Mitleid mit den Opfern und fassungslos, dass niemand Unmenschen wie Putin in den Arm fallen kann.
Embargos und ihre Auswirkungen sind bisher eher indirekt zu spüren, wenn man bei Sonnenschein den Frühstückskaffee trinkt, ihn mit einem flauen Gefühl im Magen aber nicht mehr so richtig genießen kann. Jeder ahnt: Es kann noch ganz anders kommen.
Weiter so wie immer?
Eines ist klar: Angesichts des Leids in der Ukraine können Unternehmen nicht einfach weiter machen wie bisher. Dies gilt insbesondere für die Energiebranche. Die Preise spielten schon Ende des letzten Jahres verrückt. Jetzt sind die Märkte geradezu in Aufruhr. Insbesondere die Preise für Kohle und Gas gehen durch die Decke.
Wie also agieren auf Kundenportalen, in sozialen Medien und im Kundenservice?
„Krieg in der Ukraine: Wie können, wie sollen EVU jetzt kommunizieren? Weiter so wie immer oder besser nicht? Das Beste, was Sie jetzt machen können, ist: Machen Sie Ihren Job. Wir sind in schwierigen Zeiten. Tun Sie, was Sie tun können.“
Ja, man kann jetzt viel falsch machen
Das Ziel von Kommunikation ist immer Resonanz. Doch diese ist letztlich nicht vorhersehbar. Erst recht, wenn es um Gefühle und Ängste geht. Gerade jetzt gibt es keine in Stein gemeißelten Weisheiten. Diesen Blog-Beitrag schreibe ich am 3. März 2022. Vielleicht werde/muss ich schon morgen etwas ergänzen oder ändern.
Jetzt keine Imagepflege
Aktuell ist keine Zeit für bunte Bilder und gute Laune. Mein Rat an Energieversorger: Verzichten Sie auf reine Imagepflege ohne konkreten Anlass oder Angebot. Die lebensfrohe Bewerbung von Themen wie Nachhaltigkeit, erneuerbare Energien, zuverlässige Versorgung und Lebensqualität vor Ort passt einfach nicht zu den aktuellen Bildern.
Nehmen Sie weiterhin und wie gewohnt Ihre Follower auf Social Media im Alltag mit – ein Tipp für den Frühjahrsputz oder Erklär-Grafiken bieten Usern eine Alternative zu negativen Nachrichten.
Balancieren Sie Gefühle und Sprache
Positive Gefühle benennen wir im Geschäftsumfeld gern. Bei negativen wird es schwierig. Manche haben schon ein Problem damit, „herzliches Beileid“ zu wünschen, wenn der Enkel den Stromvertrag für die verstorbene Oma beenden will. Doch es gilt: Wie wollen Sie Kundenbeziehungen pflegen, wenn Sie nicht auch Gefühle wahrnehmen und benennen?
Achten Sie gerade jetzt auf Ihre Sprache. Könnte jemand Ihren Post auf Facebook missverstehen? Könnten Sie gar jemanden verletzen? Hohle Phrasen braucht jetzt niemand. Wenn Sie Begriffe wie Entsetzen oder Betroffenheit verwenden, steigern Sie sie nicht noch durch überdrehte Adjektive und Ausrufezeichen. Wählen Sie Begriffe, die zu Ihnen und Ihrem Unternehmen passen.
Ja, Konsumenten wollen, dass sich Unternehmen zu gesellschaftlichen Themen positionieren. Aber brechen Sie nichts über das Knie. Ein ungeschickter Post in sozialen Medien – und schon entsteht der Eindruck, dass Sie auf einer Welle reiten wollen.
Handeln ist wichtig
Wenn Sie konkret helfen können oder wollen, tun Sie es. Haben Sie eine Mitarbeiterin mit Verwandten in der Ukraine? Geben Sie ihr Sonderurlaub, wenn sie an die Grenze fahren will, um sie abzuholen. Aber hängen Sie das nicht an die große, externe Glocke. Kommunizieren Sie das intern. Informieren Sie Ihre Mitarbeitenden. Es ist ja kein Geheimnis. Vielleicht haben Sie später Gelegenheit, die Geschichte im Nachhinein auch extern zu erzählen. Und wenn nicht, dann eben nicht.
Kund:innen brauchen Sicherheit
Ja, Kund:innen wollen und brauchen Sicherheit. Aber es ist auch wahr: Die gibt es augenblicklich nicht. Behaupten Sie nicht einfach und aus einem Reflex heraus „Die Versorgung ist sicher.“ So kann das augenblicklich niemand sagen oder schreiben. Wenn selbst der Chef der Internationalen Energieagentur (IEA) davon spricht, dass die Lage an den Energiemärkten sehr ernst und die globale Energiesicherheit gefährdet sei, sollten wir das ernst nehmen.
Niemand kennt die mittel- und langfristigen Auswirkungen. Müssen Sie jetzt dazu einen Newsletter verfassen? Nein. Doch auf Fragen müssen Sie antworten. Tun Sie dies mit Bedacht. Vermitteln Sie Sicherheit durch Ruhe und benennen Sie positive Details, zum Beispiel den Fakt, dass weiterhin Erdgas aus Russland nach Europa fließt. Doch machen Sie keine Aussagen dazu, ob das auch so bleiben wird.
Das Gleiche gilt für die Preiskommunikation. Suchen Sie nach Fakten, die beruhigen, aber versprechen Sie nicht, was Sie nicht versprechen können. Vielleicht können Sie schreiben, dass die Versorgung Ihrer Kund:innen für die nächsten 3 Monate vertraglich gesichert ist. Überlegen Sie, was konkret zutrifft und was nicht. Und aktualisieren Sie Ihre Aussagen.
Agieren Sie verlässlich
Das Beste, was Sie jetzt machen können, ist: Machen Sie Ihren Job. Das gilt auch für Ihre Kundenkommunikation und das Marketing. Wenn Sie gerade einen Frühlingsputz im städtischen Park planen, putzen Sie. Räumen Sie auf und rufen Sie in Sozialen Medien auch dazu auf, dabei zu helfen. Bürgerengagement passt sehr gut in die Zeit. Suchen Sie nur nicht krampfhaft nach einer Verbindung zur Krise.
Und sonst? Machen Sie weiter. Es gibt keinen Grund, jetzt Stellenanzeigen zu stornieren oder den Bürgerabend zum Thema Smart City abzusagen. Wir sind in schwierigen Zeiten. Tun Sie, was Sie tun können.
„Local Identity wird wichtiger als Corporate Identity“, so lautet das Credo von Frank Trurnit, Geschäftsführer der trurnit Gruppe. Seit 1987 leitet er das Unternehmen, das heute für kunden- und themenzentrierte Kommunikation steht. Seine Schwerpunkte: Nachhaltigkeit, Smart City, Mobilität, Digitalisierung, Change.