Energieversorger sollten in Themen denken | trurnit Blog

Energieversorger sollten in Themen denken

… sagt Prof. Dr. Christoph Moss, Geschäftsführer der mediamoss GmbH. Der gelernte Wirtschaftsjournalist berät Unternehmen bei der Konzeption und Umsetzung von Newsrooms. Im Interview spricht er darüber, wie wichtig es ist, in Themen zu denken.

Herr Moss, Sie haben bereits zahlreiche Newsroom-Projekte betreut. Ist der Newsroom ausschließlich ein Konzept für Großunternehmen?

Christoph Moss: Nein, der Newsroom ist Kopfsache. Unternehmenskommunikation im 21. Jahrhundert bedeutet vor allem, in Themen zu denken und erst in zweiter Linie in Maßnahmen. Das ist keine Frage von Abteilungsgrößen und Mitarbeiterzahlen. Es ist eine Frage der Haltung. Ein kommunaler Energieversorger sollte ebenso in Themen denken wie ein großer Konzern.

Ist das Konzept auch für das Marketing geeignet?

Moss: Das wäre der Idealfall. Wir haben Projekte begleitet, in denen ein Newsroom erfolgreich Marketing und Unternehmenskommunikation zusammengeführt hat. Seitdem gehört die Ansage „Mach mir mal einen Flyer“ der Vergangenheit an.

„Ein kommunaler Energieversorger sollte ebenso in Themen denken wie ein großer Konzern“

Was sagt man stattdessen?

Moss: Der Auftrag lautet heute: „Wir möchten eine bestimmte Botschaft transportieren. Ein Flyer könnte das richtige Medium sein, aber vielleicht finden sich auch weitere sinnvolle Kanäle, über die wir diese Botschaft spielen können.“ Und plötzlich wird aus einer simplen Idee ein ganzes Konzert an Maßnahmen, die alle auf die eine Kernbotschaft zurückgreifen. Webseite, Print, Soziale Medien, Presse – viele Kanäle spielen das eine, fertig ausgereifte Thema.

Warum ging das bisher nicht?

Moss: Weil die Mitarbeiter aus Marketing und Kommunikation oft gar nicht wussten, an welchen Themen ihre Kollegen arbeiteten. In vielen Unternehmen herrscht Silodenken. Der eine Mitarbeiter bekommt vielleicht nicht mit, welches Projekt der andere gerade betreut. Genau das wollen wir aufbrechen.

Warum ist der Newsroom heute so aktuell?

Moss: Die Kommunikationsgewohnheiten der Menschen ändern sich dramatisch. Virtuelle Gemeinschaften sprießen wie Pilze aus dem Boden. Facebook, Instagram und Twitter sind ja nur die bekanntesten Communities. Die Kommunikation wird mobil, das Smartphone bestimmt über den Erfolg einer Marketing-Kampagne. Früher waren die Journalisten eine eminent wichtige Zielgruppe, heute sind es die Influencer. Also Personen, die wichtige Trends im Netz beeinflussen und verstärken.

Viele Verantwortiche sagen, dies sei ein Jugendphänomen.

Moss: Eine Fehleinschätzung. Gerade bei den Über-Fünfzigjährigen steigt die Online-Nutzung dramatisch. Menschen bauen Brücken zu ihren Freunden und Bekannten. Sie bestellen ihre Tickets online, rufen Spielberichte, Börsendaten und Wetterprognosen mobil ab. Wie will ein kleines Stadtwerk das alles stemmen, wenn die Organisation noch nach Pressearbeit, Marketing und Mitarbeiterkommunikation unterscheidet? Das kann nicht mehr funktionieren.

Welche typischen Fehler können passieren?

Moss: Die Einführung eines Newsrooms ist ein langer Veränderungsprozess, der mehrere Monate dauert. Die Mitarbeiter spielen dabei eine ganz zentrale Rolle. Wenn es nicht gelingt, das eigene Team zu überzeugen, ist das Projekt zum Scheitern verurteilt.

„Die Newsroom-Einführung ist ein langer Prozess. Ohne überzeugte Mitarbeiter wird er scheitern“

Warum?

Moss: Weil wir tief in die Abteilungsstrukturen eingreifen. Technik, Architektur, Arbeitszeiten, Konferenzen, neue Kommunikationsformen: Da kommt einiges auf die Mitarbeiter zu. Wir legen großen Wert auf transparente Beteiligung aller Kollegen. Das erfordert Geduld und ein klares Konzept.

Und möglicherweise auch Training?

Moss: So ist es. Es entstehen neue Aufgaben und Fragen: Wann ist ein Thema relevant? Wie verhalte ich mich in Konferenzen? Wie schreibe ich für ein Blog? Das Denken in Themen und der ganzheitliche Blick auf Nachrichten müssen geübt werden.

Was erreichen Unternehmen mit dem Newsroom-Prinzip?

Moss: Weniger ist mehr: Sie können ihre knappen Ressourcen über alle Kanäle sinnvoll einsetzen. Dabei werden sie in der Öffentlichkeit als kompetenter Partner wahrgenommen und kommunizieren aktiv. Alles in allem verstehen Unternehmen auf diese Weise die Kommunikation als dynamischen Veränderungsprozess.

Und was bedeutet das für die Inhalte?

Moss: Sie müssen überzeugen. Nur was aktuell und relevant ist, hat eine Rechtfertigung, kommuniziert zu werden. Kampagnen sind nicht deshalb gut, weil sie teuer sind. Sondern weil die Zielgruppe sie wahrgenommen und verstanden hat.

Herr Moss, vielen Dank für das Gespräch!

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