Manchmal ist uns etwas sehr wichtig. Dann greifen wir zu Wörtern wie vollständig, komplett, dringend, eilt. Hilft das?
Ja, manchmal folgt unser Gegenüber diesem Appell. Aber mit welcher Motivation? Wenn er abhängig von uns ist, wird er sich der Aufforderung schlicht nicht entziehen können. So geht es Angestellten, wenn der Vorgesetzte Druck macht. Und so geht es auch Kunden, die etwas von einem bestimmten Anbieter brauchen oder wollen. Doch da sich niemand gerne abhängig fühlt, führt dies zu einem inneren Zähneknirschen oder einem Seufzer: „Ist ja gut. Mach mal halblang.“
Mit Druck lenkt sich’s schlecht
Druck erzeugt Ausweichmanöver oder sogar Gegendruck nach dem Motto „Jetzt erst recht nicht!“. Vermeiden Sie in moderner Korrespondenz daher diese Art der Lenkung. Außerdem helfen Sie den Menschen mit dieser Wortwahl nicht. Wenn Sie beispielsweise Unterlagen komplett anfordern, so schickt ein Großteil der Kunden die Unterlagen tatsächlich komplett. Das hätten diese Kunden aber auch getan, wenn Sie das Wort komplett weggelassen hätten.
„Korrespondenztipp: Mit Worten Druck machen bringt nichts – außer Gegendruck und schlechte Stimmung.“
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Ein kleinerer Teil der Kunden sendet Ihnen nicht alles. Warum auch immer. Vielleicht hatten sie nicht alles griffbereit, vielleicht haben sie etwas vergessen oder wollten es nicht schicken. Das Wort komplett hat Ihnen also nicht geholfen, Ihr Ziel zu erreichen. Dafür haben Sie denen, die alles geschickt haben, sprachlich schon mal vorsorglich auf die Zehen getreten. Wollen Sie das wirklich?
Ausrufezeichen besser weglassen
Tipp: Lassen Sie Begriffe wie vollständig oder komplett ganz weg. Sie nützen nichts. Und Wörter, wie eilt, dringend, wichtig benutzen Sie nur sehr, sehr sparsam. Wenn immer alles wichtig ist – sei es die E-Mail mit höchster Priorität oder sei es die Bitte um eine Antwort – ist irgendwann alles gleich wichtig und damit nichts mehr. Diese Art der Enthaltsamkeit wird Ihnen Ihr Leser auf jeden Fall danken.
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